Vom Knappenhof über den Törlweg zum Ottohaus

    Vor gar nicht all zu langer Zeit war ich eine vollkommene Anfängerin beim Bergwandern. die ersten 980 Höhenmeter am Stück warteteten auf mich. Vom Knappenhof in der Reichenau hinauf zum Ottohaus. Wer hätte 2021 gedacht, dass ich mich jemals freiwillig auf einen Berg begeben würde? Aber es ist 2023 und hier bin ich, bereit für das Abenteuer meines Lebens!

    Der Tag begann früh, und ich hatte mich mit einer Tasche voller enthusiastischer Vorfreude und einer Flasche Wasser und den obligatorischen Müsliriegeln bewaffnet. Peter und ich standen vor dem Knappenhof,  unsere Basisstation für dieses Bergabenteuer, und ich starrte den Törlweg hinauf. Es sah aus, als würde das kantige Plateau der Rax in den Himmel aufragen und sich über meine Entscheidung lustig machen. Aber ich war entschlossen! Ich nahm einen tiefen Atemzug und begann meinen Aufstieg.

    Blick von der Rax auf die Reichenau
    Blick auf das Tal mit der hügeligen Welt.

    Gut beschildert – der Törlweg

    Die ersten Schritte führten mich über einen steinigen Pfad, der sich scheinbar im Zickzack den Berg hinaufwand. Als Anfängerin beim Bergsteigen war ich mir nicht sicher, ob das die Idee von „Wandern“ war oder ob ich bereits auf dem falschen Weg war. Aber ich folgte einfach den bunten Markierungen auf den Felsen und hoffte dass auch Peter mich in die richtige Richtung führte.

    Der Pfad begann allmählich zu steigen und ich spürte die Anstrengung in meinen Beinen. „Das ist also das berühmte Bergsteigen“, dachte ich mir. Ich bemerkte auch, dass wir nicht die Einzigen auf diesem Weg waren. Einige erfahrene Bergsteiger überholten Peter und mich mühelos, während ich mich weiterhin an die Regeln des Bergsteigens erinnerte: „Immer auf dem Weg bleiben und nicht umdrehen, es sei denn, du möchtest einen Tag damit verbringen, dich zu verirren.“

    Der Weg führte mich durch dichte Wälder, wo ich mir vorstellte, wie Bären und Wölfe hinter den Bäumen auf mich lauerten. Natürlich war das völlig absurd, aber meine Fantasie neigte dazu, beim Bergsteigen ein Eigenleben zu entwickeln. Aber nichts dergleichen geschah. Nicht mal die beliebten Berggemsen wollten sich an diesem schönen Sommertag zeigen. 

    Nur noch die Hälfte, oder erst die Hälfte?

    Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichte ich endlich eine kleine, felsige  Lichtung mit einem Schild, das „Halber Weg“ verkündete. „Halber Weg? Das kann nicht sein!“, rief ich aus. „Ich dachte, wir wären schon fast da!“ Offensichtlich hatte ich keine Ahnung, wie groß ein Berg wirklich sein kann.

    Der zweite Teil des Aufstiegs war noch steiler und anspruchsvoller. Ich krallte mich an die Felsen, klammerte mich an jeden Baum und zog mich Stück für Stück nach oben. Ich fühlte mich wie Spider-Man, nur ohne das coole Kostüm und die Spinnennetze. Und ich schwor, dass ich nie wieder ein Fitnessstudio brauchen würde, nachdem ich diese Erfahrung gemacht hatte.

    Während meines epischen Aufstiegs auf den Törlweg vom Knappenhof zum Ottohaus gab es natürlich einige echte Herausforderungen zu bewältigen. Denn was ist ein Bergabenteuer ohne Drahtseile und dramatische Momente?

    Steile Passagen mit Drahtseilen

    Nachdem ich die erste Etappe des Aufstiegs hinter mich gebracht hatte, führte mich der Weg zu einer Stelle, an der ich an einer schroffen Felswand entlang klettern musste. Hier tauchten die berühmten Drahtseile auf. Diese dünnen, aber vertrauenserweckenden Seile verliefen entlang der Wand und gaben mir das Gefühl, dass ich eine echte Bergsteigerin war. Ich packte die Seile mit beiden Händen und zog mich Stück für Stück nach oben, als wäre ich Teil eines Bergrettungsteams, was mir gleich eine Standpauke einbrachte. Denn man soll sich nicht daran hochziehen, sondern nur als Sicherung anfassen. Peter verdrehte die Augen. Ich hatte wirklich nicht viel Ahnung vom Bergwandern.

    Während ich mich also die Wand hinaufarbeitete, fühlte ich mich wie eine Actionfilm-Heldin. Ich stellte mir vor, wie ich in Zeitlupe den Berg bezwang und dabei die Melodie eines epischen Hollywood-Soundtracks im Hintergrund spielte. Natürlich wurde ich schnell von einem erfahreneren Bergsteiger überholt, der ohne Mühe an mir vorbeischwebte, als wäre er ein Berggeisterwesen.

    Aber das Aufregendste am Aufstieg war zweifellos der Ausblick, der sich mit jeder Höhenstufe verbesserte. Je höher wir stiegen, desto mehr konnte ich von der majestätischen Berglandschaft sehen. Die grünen Täler, die glitzernden Flüsse und die schroffen Gipfel erstreckten sich vor mir, als wären sie einem Gemälde entsprungen. Peter blieb immer wieder stehen, um Fotos zu machen und ich, um wieder zu  Atem zu kommen.

    Highlight – Steinernes Törl

    Endlich, nach vielen weiteren schweißtreibenden Schritten und einigen Seufzern der Verzweiflung, erblickte ich das Ottohaus in der Ferne. Es wirkte winzig, aber ich wusste, dass ich mein Ziel erreicht hatte. Ich schleppte mich die letzten Meter hinauf und fühlte mich, als hätte ich den Mount Everest erklommen.
    Doch zuvor kamen wir noch durch das steinerne Törl, welches bei den Gästen für unzählige Fotos herhalten muß. Nur mit einem Unterschied. Wir waren hinaufgestiegen, während der normale Tourist gerne von oben kommend dort bergmännisch posiert. Am besten mit schneeweißen Sneakers und mit Fönfrisur. Nicht wir. Wir waren verschwitzt, schmutzig, authentisch und glücklich, was Du auf dem Foto selbst sehen kannst.

    Als ich so das Ottohaus erreichte, brach ich in einen Juchzer aus und fühlte mich wie ein Bergsteiger-Champion. Die Kombination aus schwierigen Passagen und atemberaubenden Aussichten hatte den Aufstieg zu einem unvergesslichen Abenteuer gemacht. Ich fühlte mich zwar immer noch wie eine Anfängerin beim Bergsteigen, aber ich hatte einen kleinen Vorgeschmack auf die Faszination und die Belohnungen des Bergwanderns bekommen. Natürlich hatten die erfahrenen Wanderer das Gebäude längst erreicht und waren dabei, ihr wohlverdientes Mittagessen zu genießen. Wir schlossen uns ihnen an,  Peter war stolz auf meine Bergsteigerleistung und ich völlig erschöpft.

    Ein Gipfelkreuz muß sein!

    Gipfelkreuz Jakobskogel vom Törlweg aus hinauf gegangen.
    Gipfelglück auf der Rax – Vom Törlweg zum Jakobskogel

    Nach dem Essen ging es dann noch ein kleines Stück hinauf zum Gipfelkreuz des Jakobskogel vor dem ich natürlich gemeinsam mit Peter heroisch für ein Foto posen musste.
    Danach die gleiche Strecke wieder retour! Seitdem mag ich bergauf gehen viel, viel lieber, als dieses Gefühl beim Abstieg von Haribo Gummibärchen in Oberschenkel und Knien. 

    Das ich an diesem Abend im Knappenhof geschlafen habe wie ein Murmeltier, kannst du dir sicher vorstellen! 

    Nix für Anfänger – Törlweg Fazit

    Vielleicht werde ich eines Tages die Drahtseile und steilen Anstiege meistern und noch höhere Gipfel erklimmen. Der Aufstieg mag hart gewesen sein, aber die Aussicht und das Gefühl, auf dem Gipfel angekommen zu sein, waren die Anstrengung definitiv wert. Und wer weiß, vielleicht werde ich ja doch noch zur Bergsteigerin – oder zumindest zu einer, die den Törlweg ohne Atemnot bewältigen kann!

    Berg fein,

    Dein Bergfräulein.

    Hilfreiche Links / Infos zur Strecke:
    Alpenverein Aktiv Karte

    Schwierigkeit mittel
    Strecke 4,9 km
    Dauer 2:23 h
    Aufstieg 872 hm
    Abstieg 1 hm
    Höchster Punkt 1.650 hm
    Tiefster Punkt 771 hm

    Empfohlene Ausrüstung; Gute Wanderschuhe mit Profil (keine Steigeisenfähigkeit notwendig), Regenschutz, Sonnenschutz, Wasser!

    Einkehrmöglichkeit: Ottohaus

    Besondere Dinge auf der Strecke: Der Alpengarten Rax ist in unmittelbarer Nähe zum Ottohaus und bietet auf 4000m2 unzähligen heimischen Bergpflanzen Platz. Im Sommer/ Herbst absolut sehenswert.
    Weitere Infos findest du auch in diesem Artikel.

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    2 Kommentare

    1. Würde ich nach einem Herzinfarkt leider nicht mehr schaffen.
      Außerdem habe ich ein künstliches Hüftgelenk.

      • Bergfraulein on

        Lieber Dirk,
        Das tut mir sehr leid für dich. Auch mich zwickt die Hüfte ab und an mal, wenn ich es übertreibe. Dennoch kann ich nur ahnen, wie es Dir gegangen ist. Auch das mir dem Herz ist natürlich schlimm.
        Was du aber machen könntest, wäre ein Ausflug nach Reichenau. Mir der Gondel hinauf und ein bisschen spazieren gehen in der Sonne sitzen und die Aussicht genießen. Und ich gehe für dich die Strecken, die du nicht mehr gehen kannst, die Du dann nachlesen kannst. Dann bist zumindestim Geiste dabei. Fühle dich umärmelt,
        Dein Bergfräulein

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